Coming Down from the Cloud

Als ich Picturepark-Gründer Bruno Jehle vor etwa 15 Jahren das erste Mal traf, erläuterte er mir in einer seiner bekannt detaillierten, engagierten Vorhersagen, wie Application Service Providing (ASP) die Wahrnehmung von IT und die Dynamik der Softwarebranche verändern würde. Kurz danach, als das Platzen der „dot.com-Blase“ viele Träume und Versprechungen begrub, sah Bruno seine Vision verwirklicht. ASP wurde zu Software-as-a-Service (SaaS) und führte zum Megatrend, den wir heute ganz einfach „Cloud“ nennen.

Was für ein Visionär!

Für mehr als zehn Jahre nach seiner Geburt im Jahre 1997 stand Picturepark ausschließlich als gehostetes SaaS-Angebot zur Verfügung. Als ich im Jahre 2004 zum Unternehmen stieß, lehnten wir praktisch jeden Abschluss ab, der eine lokale Installation erforderte. Und die wenigen Ausnahmen dieser Politik hatten sich nicht wirklich ausgezahlt.

Ich war immer beeindruckt, wie die Picturepark Cloud eine für alle Seiten positive Situation schuf – für den primären Nutzer, für Marketing und Communications und die Entscheider – die IT. Die Marketingabteilungen schätzten es, mit einem externen Provider zusammenzuarbeiten, ohne von der IT ausgebremst zu werden, die meistens selbst mit limitierten Ressourcen zu kämpfen hatte.

Weil diese sperrigen digitalen Assets die teure, unternehmenskritische IT-Infrastruktur belasteten, war die IT-Abteilung selten unglücklich darüber, dass die exotischen DAMs extern gehosted wurden. Und beide Seiten empfanden es als sehr positiv, dass die Nutzer nur einen Webbrowser brauchten, um Picturepark verwenden zu können – es waren keine Client- oder Server-Applikationen notwendig.

Das Abonnement-Modell mit überschaubaren Zahlungen machte es nochmals einfacher für Marketingmanager, das DAM über ihr eigenes Budget zu finanzieren und sogar ihre Kreditkarten dafür zu benutzen anstatt langatmig für den kostenintensiven Erwerb von Unternehmenssoftware zu budgetieren und dann diese Anschaffung von anderen freigeben zu lassen.

Lokal oder weg vom Schreibtisch

Während die Welt dem Hype rund um die Bereitstellung von Software ausschließlich über die Cloud verfiel, stellten wir fest, dass dieses Modell wahrscheinlich nur einen Teil unserer eigenen Erfolgsstory ausmachen würde.

Die Abonnements der Picturpark Cloud stiegen weiter an, gleichzeitig nahm aber auch der Bedarf für lokale Installationen von Picturepark weiter zu. Die Gründe dafür reichten von Bedenken gegen die Speicherung der sensiblen Daten außerhalb der eigenen Landesgrenzen und die Vertraulichkeit der Daten allgemein über die Sicherstellung des Zugriffs rund um die Uhr und schnellen Datentransfers bis hin zur technischen Notwendigkeit, das DAM auf eigenen Hosts oder im eigenen Rechenzentrum zu betreiben – was über die Cloud nicht möglich war.

Das war keine Überraschung für uns – wir hatten diese Begründungen viele Male gehört. Aber als diese Äußerungen weiter zunahmen, wurde auch die Idee des Betriebs von Picturepark in lokaler Installation immer attraktiver. Trotzdem sah es wie ein Schritt zurück in die Vergangenheit aus für ein Unternehmen, das mit Fug und Recht behaupten kann, einer der Pioniere im SaaS-Bereich zu sein. Wir mussten selbst zuerst noch mehr überzeugt werden.

Wir führten einige Studien durch, um nicht nur die geschäftlichen Beweggründe bei der Entscheidung Cloud vs. lokale Installation zu verstehen, sondern auch die psychologischen Aspekte. Warum haben Menschen „Angst“ vor der Cloud? Oder warum sind sie so überzeugt, dass Software immer in lokaler Installation betrieben würde. Und noch interessanter – warum geben einige den Gedanken an die lokale Installation oft so schnell auf? Schließlich ist jede Cloud irgendwo lokal installiert.

Fast sofort wurde uns klar, dass das Mantra der Cloud-Befürworter, „es erfordert keine Infrastruktur, das bedeutet weniger Kapitalaufwand“, immer mehr an Bedeutung verlor für die Verweigerer der lokalen Installation. Der Grund lag darin, dass die Grenze zwischen der Cloud und lokaler Installation für alle immer mehr verschwamm – auch für die IT-Abteilung.

IT entdeckt den Kunden

Die neue Cloud-Wirtschaft setzte die IT-Abteilungen unter Druck und zwang sie, sich neu zu erfinden – manchmal komplett. Statt beispielsweise ohne Nachfrage immer auf die bestmögliche Computer-Hardware zu setzen, begannen die IT-Abteilungen für weniger geschäftskritische Applikationen andere günstigere Infrastruktur anzubieten. In vielen Fällen setzten IT-Teams nun auf externe Cloud-Services, um ihre lokalen Infrastrukturen zu entlasten. Mit der Zeit wurden smarte IT-Abteilungen auch selbst viel service-orientierter – am anderen Ende der Netzwerkverbindung war nun ein Kunde, nicht mehr nur ein User.

Ein weiterer Vorteil der Cloud darf nicht außer Acht gelassen werden: die IT begann im grossen Stil mit dem Outsourcing interner Infrastrukturen an regionale Anbieter von Hosting-Infrastruktur, welche Geschäftsmodelle aufgebaut hatten, die sich an den globalen Angeboten von Amazon, Google und Microsoft orientierten.

Viele dieser kleineren Anbieter waren keine Neulinge im Hosting-Geschäft, sondern Abkömmlinge von „Old School-Providern“, die ihr Geschäft schon vor 20 Jahren begonnen hatten. Mit dem zunehmenden globalen Wettbewerb erhielten Sie die Wahl, entweder als Vermittler der Services von AWS und Azure aufzutreten, sich auf eine Nische zu fokussieren oder einfach vom Markt zu verschwinden.

Die Computer-Virtualisierung und andere Technologien ermöglichten ihnen konkurrenzfähige Kostenmodelle und skalierbare Infrastrukturen ähnlich den großen Anbietern von Cloud-Infrastrukturen anzubieten. Aber das allein reichte noch nicht aus – sie mussten etwas offerieren, was die „Cloud-Giganten“ eben nicht bieten konnten.

Regierungen entdecken die Cloud

Als Regierungen auf die Problematik der Datensicherheit aufmerksam wurden, lieferten sie den Nischenanbietern von Cloud-Infrastrukturen indirekt die passenden Argumente, um deren Geschäft nachhaltig zu sichern. Cloud-Giganten diskutieren individuelle SLAs und maßgeschneiderte Verträge nur mit anderen Großunternehmen, denn ihre Skalierbarkeit basiert auf Standardisierung, also können sie nicht allen Kunden individuelle Bedingungen anbieten und gleichzeitig noch effizient sein.

Nischenanbieter hingegen waren in der Lage, Verträge im Detail zu verhandeln, weil sie natürlich viel flexibler waren. Damit war eine neue Art von Cloud geboren – die Private Cloud, die spezialisierte Cloud oder, wie es Picturepark nennt, die Regional Cloud.

Als Alternative zur lokalen Installation auf der einen und den bei der Arbeit mit den bekannten Cloud-Giganten nötigen Kompromissen auf der anderen Seite haben Organisationen mit dem Bedarf an IT-Infrastruktur noch eine dritte Option: die Definition ihrer eigenen Bedingungen und die Zusammenarbeit mit einem Rechenzentrum „um die Ecke“.

Picturepark fällt auf die Erde

Nachdem wir diesen Trend erfasst hatten, war schnell klar, was wir tun mussten. Wir mussten nicht nur Picturepark in lokaler Installation einsatzfähig machen – wir mussten die Architektur so überarbeiten, dass eine einzige Installation einer einzigen oder aber tausend Organisationen dienen kann. Jede Picturepark-Instanz sollte die Fähigkeit haben, selbst eine DAM-Cloud zu werden. Ehrlich gesagt war dies eine architektonische Herausforderung, die uns länger beanspruchte, als wir gedacht hatten – und uns einiges Geld kostete.

Wer Cloud-Software entwickelt, muss nicht über Installationsprogramme und Backend-Administrationsprogramme nachdenken. Die Software muss nur auf eine Server-Umgebung ausgerichtet werden – die eigene. Wenn Fehler gefunden werden, dann können diese behoben werden, ohne darüber nachdenken zu müssen, dass Software-Updates zur Verfügung gestellt werden müssen, die für alle Eventualitäten anderer IT-Umgebungen getestet wurden.

In Wahrheit ist das SaaS-Modell für Softwareentwickler sehr attraktiv (und lukrativ) – nicht ohne Grund gehen große Unternehmen wie Adobe und Microsoft in diese Richtung.

Die Herausforderung für uns war, eine zuverlässige, portable Version von Picturepark zu entwickeln, ohne die Evolution unseres Cloud-Systems zu verlangsamen. Unser Ziel war ein Picturepark-System, das alles kann und nicht verschiedene Quellcodes und unterschiedliche Benutzeroberflächen aufweist.

Und genau das haben wir getan. Heute ist nicht eine einzige Code-Zeile der lokal installierten Versionen von Picturepark anders als die in der Cloud betriebenen. Mit der richtigen Infrastruktur und Lizenz kann jede lokale Installation von Picturepark selbst als DAM Cloud fungieren, mit mehreren Instanzen. Tatsächlich unterscheidet sich unsere globale Picturepark Cloud-Software, über die wir Hunderte von Kundeninstanzen seit mehr als einem Jahrzehnt betreiben, nicht von den lokal installierten Picturepark, die bei unseren Kunden im Einsatz sind.

Diese Architektur ermöglicht uns außerdem, global zu skalieren und gleichzeitig lokale Services anzubieten – über die Picturepark Regional Clouds. Betrieben von speziell zertifizierten Partnern ist eine Picturepark Regional Cloud wie eine Kopie der Infrastruktur unserer Global Cloud. Sie bietet lokale Services, wird in der lokalen Währung abgerechnet, kann kundenorientierte SLAs und Gewährleistungen anbieten und sie bewegt sich voll und ganz in den klaren Grenzen der lokalen Gesetzgebung. Sie ist eine Nischen-Cloud für sich.

Weg mit Handschellen

Zwischen dem „rohen“ Computing einer Infrastructure-as-a-Service-Umgebung (IaaS) und der schlüsselfertigen Bereitstellung von Software im Software-as-a-Service-Modell (SaaS) liegt ein Mittelweg, bekannt als Platform-as-a-Service (PaaS).

PasS ist ein neues „Buzzword“, ein hauptsächlich von Microsoft Azure geprägtes Modewort. Tatsächlich existiert das Verfahren seit längerem in Form spezialisierter Services wie den Amazon Web Services S3 (AWS), einem proprietären Storage-Service; Amazon DynamoDB, einem proprietären NoSQL-Datenbankservice oder Google App Engine, einer proprietären Umgebung für das Hosting von Apps.

Softwareentwickler, die ihre Lösungen ausschließlich in der Cloud anbieten, finden diese PaaS-Technologien attraktiv, da sie von der automatisch skalierenden Infrastruktur und Managed Services profitieren können, ohne selbst (virtuellen) Speicher oder Datenbankserver verwalten zu müssen. Mit anderen Worten: Sie können ihre Applikation zum Beispiel auf dem AWS-„Betriebssystem“ entwickeln.

Der Nachteil dieses Ansatzes liegt jedoch in der proprietären Cloud-Technologie und höheren Kosten im Falle einer Umstellung. Die Software ist förmlich in der gewählten Cloud-Plattform gefangen und wird wahrscheinlich nie wieder in einer anderen Umgebung laufen. Einmal AWS, immer AWS.

Das ist kein Problem, wenn Sie fest daran glauben, dass nur die Cloud überleben wird, und dass lokal installierte Software im Grunde nur eine „Old Economy“-Option für ewige Nachzügler und letztlich zum Scheitern verurteilt ist. Aber zwischen dem lokalen Betrieb und den großen Clouds werden die neuen Nischen-Clouds weiter wachsen. Und sie werden Software erfordern, die in diesen Clouds installiert und genutzt wird, als würde sie eben lokal betrieben.

Unangenehm, wenn man mit einem der Cloud-Giganten keine wirklich skalierbare Cloud-Lösung für DAM anbietet; unangenehm aber auch, wenn dieselbe Software nicht in lokaler Installation bereitgestellt werden kann. Ein „Cloud-Lock-in“ mag heute noch nicht als großes Problem erscheinen, aber bspw. rechtliche Fragen rund um die Datenspeicherung sollten nicht unterschätzt werden. So haben Anfang 2014 in Australien in Kraft getretene Datenschutzgesetze gezeigt, dass dies mehr als nur ein theoretisches Ärgernis ist. Diese Gesetzgebung war tatsächlich der Grund dafür, dass sich DataBasics, unser Partner in Australien, letztlich entschloss, eine Picturepark Regional Cloud anzubieten.

Darüber hinaus wird es die Standardisierungs-Notwendigkeit den Anbietern öffentlicher Clouds noch länger unmöglich machen, die Funktionen, Spezialitäten oder vertrauenswürdigen Dienstleistungen anzubieten, welche manche Kunden eben benötigen. Softlayer beispielsweise ist spezialisiert auf höhere Geschwindigkeit und Leistung, und bietet ein umfassendes API für eine extreme Kontrolle, welche für sehr geschäftskritische Prozesse notwendig ist. Wen überrascht es, dass das Unternehmen im letzten Jahr von IBM übernommen wurde. Andere Beispiele schnell wachsender Unternehmen sind Firehost, welche spezialisierte und hochsichere Hosting-Services anbieten; sowie CloudSigma, die hohe Leistungen für die Daten-Speicherung und das Computing deutlich günstiger verkaufen als irgendeiner der großen Public-Cloud-Anbieter.

Kunden eine Wahl bieten

Rückblickend könnte ich mir in Bezug auf die Bereitstellung unserer Software keine bessere Situation vorstellen als die, in der wir heute sind. Unsere Interessenten und Kunden müssen sich nicht wegen Anforderungen in Sachen Cloud vs. lokaler Installation zwischen Picturepark und einem anderen DAM entscheiden. Sie haben die Möglichkeit, ihre Daten mit der höchstmöglichen Skalierbarkeit in unserer standardisierten, globalen Picturepark Cloud zu hosten, mit einem unserer zertifizierten Picturepark Regional Cloud-Anbieter oder aber mit jedem anderen Provider von Cloud-Infrastruktur – inkl. lokaler Installation durch die eigene IT.

Noch besser: Picturepark-Kunden haben die Möglichkeit, ihre eigene private Picturepark DAM-Cloud aufzubauen und mehrere Abteilungen oder Kunden zu bedienen. Sie nutzen dazu die gleichen Werkzeuge und Technologien, die wir auch für das Management globaler DAM-Clouds für weltweit tätige Großunternehmen einsetzen.

Bruno hatte Recht: es geht letztlich um die Serviceorientierung – und diese bedeutet, die Kunden in den Mittelpunkt zu stellen und ihnen eine Wahl zu lassen.

Als ich Picturepark-Gründer Bruno Jehle vor etwa 15 Jahren das erste Mal traf, erläuterte er mir in einer seiner bekannt detaillierten, engagierten Vorhersagen, wie Application Service Providing (ASP) die Wahrnehmung von IT und die Dynamik der Softwarebranche verändern würde. Kurz danach, als das Platzen der „dot.com-Blase“ viele Träume und Versprechungen begrub, sah Bruno seine Vision verwirklicht. ASP wurde zu Software-as-a-Service (SaaS) und führte zum Megatrend, den wir heute ganz einfach „Cloud“ nennen.